„Wenn der weiße Flieder wieder blüht…“

…und die Tier- und Pflanzenwelt rund um die Bernsteinbäder zu neuem Leben erwacht

„Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün…“, heißt es in einem bekannten Frühlingslied. Und tatsächlich ist in den vergangenen zwei Wochen, die Natur rund um unsere Bernsteinbäder geradezu explodiert. Überall grünt und blüht es in den schönsten Farben. Der Bäume Laub in den dichten Buchenwäldern direkt hinter der Ostseedüne steht wieder hell und grün in der Frühlingssonne. Es ist die wohl bunteste Jahreszeit auf der Insel Usedom.

Jetzt gibt es draußen an der frischen Ostseeluft vieles zu entdecken. In unseren Seebädern blühen derzeit Tausende Frühjahrsblüher und erfreuen Gäste wie Einheimische gleichermaßen. Doch am besten lässt sich die erwachende Natur auf Wald- und Feldwegen erleben. Gerade im Kiefern- und Buchenwald rund um den Streckelsberg finden Spaziergänger derzeit ganze Teppiche von weiß blühendem Waldmeister und Maiglöckchen. „Vor allem wilde Maiglöckchen sind gar nicht mehr so häufig zu sehen“, erzählt der Naturführer Ingo Zander, der Interessierte gern auf seine Strand- und Dünenspaziergänge mitnimmt. Hier, direkt neben dem Fahrradweg am Streckelsberg, gebe es Maiglöckchen zuhauf, freut sich der Naturführer. Doch Vorsicht! Maiglöckchen sind etwas fürs Auge und nichts für die Vase auf dem Wohnzimmertisch. Denn Maiglöckchen sind giftig!

Wer im Küstenwald zwischen Koserow und Kölpinsee aufmerksam auf den Waldwegen spazieren geht, kann das Wiedererwachen der Natur förmlich spüren. Mit den wärmeren Temperaturen fangen die Nadelbäume an, ihre ätherischen Öle abzugeben und es duftet herrlich nach Kiefern und Fichten. Schon einmal einen jungen Fichtentrieb zwischen den Fingern zerrieben? Unbedingt einmal machen. Ein frischer Zitronenduft steigt unweigerlich in die Nase. Die frischen Fichtenspitzen lassen sich übrigens wunderbar einlegen oder zu einem leckeren Likör verarbeiten.

Dass es den Wald am Streckelsberg direkt hinter der Düne überhaupt gibt, haben wir dem Königlichen Oberförster Wilhelm Heinrich Schrödter zu verdanken, der vor knapp 200 Jahren einen dichten Kiefern- und Rotbuchenwald pflanzte, um die Küstenlinie vor der Abtragung durch die Ostsee zu schützen. Seit 1957 steht ein Teil dieses Küstenwaldes am Streckelsberg unter Naturschutz.

Die ältesten Buchen stammen sogar noch aus der Zeit des Oberförsters. Sie sind das Heim vieler Vögel, die ihr Liebeswerben in die duftende Frühlingsluft zwitschern. Ob Schwarzspecht, Gimpel oder Waldkauz – Augen auf beim Spaziergang. Dann entdeckt man so manch gefiederten Gesellen. Vom Loddiner Höft aus ist sogar die Sichtung von Seeadlern möglich, die hier über dem flachen Achterwasser nach der nächsten Fischmahlzeit Ausschau halten. Um die 18 Brutpaare fühlen sich auf der Insel Usedom heimisch.

Geht die Sonne unter, wird der Küstenwald rund um den Streckelsberg zum Reich des Abendseglers, der Wasserfledermaus und der Rauhautfledermaus, die sich allesamt hier zu Hause fühlen. Möwen dagegen sind derzeit nur wenige an den Stränden der Bernsteinbäder anzutreffen. Das liegt daran, dass viele von ihnen – wie die Lachmöwe – auf den Vogelinseln Böhmke und Werder im Nepperminer See brüten.

Wer im Mai und Juni einen Spaziergang rund um den Wockninsee unternimmt, der sich zwischen Kölpinsee und Ückeritz im dichten Wald versteckt, aber für Spaziergänger gut zugänglich ist, kann ebenfalls eindrücklich die Natur beobachten. Laut Naturguide Jürgen Altmann blühen dort die Sumpfdotterblume und das Wollgras im Frühsommer allerorten und geben ein wunderschönes Bild. Unzähligen Vogelarten gehört der natürliche Konzertsaal, den sie sich allerdings gegen Abend mit den Fröschen teilen müssen. Das Zwitschern und Quaken ist wie eine gemeinsame Session, die einem unsichtbaren Konzertmeister gehorcht.

Hier, rund um den fast zugewucherten Strandsee mit seinem Schwingmoorboden, ist ein echter Usedomer Exot anzutreffen: Der Moorfrosch. Klingt nicht gerade spektakulär? Ist er die meiste Zeit seines Lebens auch nicht unbedingt. Wenn es im Frühling jedoch daran geht, eine Braut zu finden, werfen sich die Herren der Moorfroschschöpfung in ungewöhnliche Schale. Sie werden blau. Das scheint auf die Weibchen dieser Gattung enormen Eindruck zu machen. Zumindest vermehren sie sich am Wockninsee prächtig.

Die Bernsteinbäder bieten Naturliebhabern und besonders Blumenliebhabern im Frühjahr noch mehr Sehens- und Staunenswertes. Wer außergewöhnliche Orchideen mag, kommt in den Seebädern in der Inselmitte in den Genuss gleich mehrerer Arten. Rund um den Streckelsberg zeigt sich vereinzelt die Weiße Waldhyazinthe oder das Rote Waldvögelein. In Zempin, gleich hinter dem Inselhof Vineta, erstreckt sich Ende Mai/Anfang Juni eine Wiese voller blassvioletter bis purpurner Blüten. Das Breitblättrige Knabenkraut fühlt sich auf dieser Feuchtwiese ausgesprochen wohl. Eine zweite solche Orchideenwiese ist direkt am Kölpinsee zu finden.

Zwei Fun-Facts noch zum Schluss:

Wer im heimischen Baumarkt mit offenen Augen durch die Baumschule streift, kann dort mit ein wenig Glück eine Silberölweide mit dem Namen „Zempin“ erstehen. Diese besondere Weidenart wurde erst in den 1970er Jahren in unserem Bernsteinbad Zempin entdeckt und gilt als sehr robust und äußerst pflegeleicht. Ein echtes Inselgewächs eben.

Zudem fühlt sich seit kurzer Zeit an einem Springbrunnen am Kölpinsee eine besonders schillernde Reiherart heimisch. Leider gibt es von dieser nur ein einziges Exemplar. Darum bitte nicht verschrecken.

Text: Sandra Grüning – Textwerkstatt Küstenkind

Fotos: Henry Böhm – Usedomgalerie

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