Angeln in den Bernsteinbädern

Von kleinen Fischen und großen Hechten

Wie Statuen stehen die Männer mit ihren langen Ruten und den Wathosen, die ihnen bis fast unter die Achseln reichen, im flachen Ostseewasser hinter der Brandungsmauer am Koserower Streckelsberg in der Dämmerung. Hin und wieder holt einer seine Angel ein und wirft sie im hohen Bogen wieder aus. Brandungsangeln nennt sich das, was manche Angler zu später oder früher Stunde an die Strände der Bernsteinbäder treibt. Denn dann beißen manche Fische wie Flundern und Schollen ganz besonders gut. Und wem Petri hold ist, den beschenkt er auch schonmal mit einer Meerforelle – dem Fisch der tausend Würfe.

Doch dürfen die das überhaupt? Wo kann man in den Bernsteinbädern angeln? Was ist erlaubt? Was nicht? Und was beißt rund um die vier Seebäder im Herbst?

Wer seinen frischen Fisch nicht in einem Fischbrötchen an einem der zahlreichen Imbisse ergattern möchte, sondern ihn gern selbst fangen will, hat in den vier Bernsteinbädern zahlreiche Möglichkeiten, einen ordentlichen Kaventzmann an Land zu ziehen. Ob Ostsee, Achterwasser oder Binnensee – Grundsätzlich darf man in den Bernsteinbädern überall dort angeln, wo man ungehindert durch Zaun oder Schilf ans Wasser kommt. Einzige Ausnahme: die ausgewiesenen Naturschutzgebiete wie beispielsweise der Wockninsee südöstlich von Ückeritz.

Doch wer auf einen schmackhaften Fang aus ist, braucht zum Angeln einen gültigen Fischereischein. Wer nicht im Besitz eines solchen ist, kann sich in den Kurverwaltungen der Bernsteinbäder einen sogenannten Touristenfischereischein ausstellen lassen. Der ist 28 Tage lang gültig und kostet inklusive Infomaterial 24 Euro. Kinder bis 14 Jahre benötigen noch keinen Fischereischein.

Der gültige Fischereischein ist allerdings nicht das Einzige, das Angler für ihr Hobby benötigen. Neben Angelrute und passendem Zubehör braucht der Naturliebhaber eine für das jeweilige Gewässer gültige Gewässerkarte. Angelkarten für die Usedomer Küstengewässer, zu denen sowohl die Ostsee als auch das Achterwasser und der Peenestrom gehören, sind ebenfalls in den Kurverwaltungen von Zempin, Koserow, Loddin und Ückeritz erhältlich. Sie kosten je nach Ausstellungsdauer zwischen 6 Euro pro Tag und 30 Euro pro Jahr. Von den öffentlichen Gewässern ausgenommen, sind allerdings die Seen wie der Kölpinsee. Für die Gewässerkarte eines Sees sollte sich der geneigte Angler an den jeweiligen Fischereiberechtigten wenden. Im Falle des Kölpinsees ist das der Angler- und Wassersportverein Loddin. Hat er oder sie für diesen einen Berechtigungsschein erhalten, kann auch im Kölpinsee vom Ufer aus geangelt werden.

Die Angelvereine, die es in jedem der Bernsteinbäder gibt, stehen außerdem für alle Fragen rund um den Angelsport zur Verfügung. „Da wir unseren Standort direkt am Zempiner Hafen haben, kommen häufiger Urlauber zu uns, weil sie etwas über die Schonzeiten wissen wollen oder sich Tipps und Empfehlungen geben lassen wollen“, sagt der Vorsitzende des Zempiner Angelvereins, Mario Lewerenz.

Apropos Schonzeiten. Ein paar Regeln müssen Angler zusätzlich beachten. Denn nicht jeder Fisch darf zu jeder Zeit aus dem Wasser gefischt werden. Jede Art hat also ihre Zeit. Aktuell hat der Aal noch bis in den März 2024 Schonzeit. Dafür beginnt für Barsch, Zander und Hecht gerade jetzt im Herbst die Saison. Damit jeder Fisch wenigstens einmal in seinem Leben die Möglichkeit bekommt, sich fortzupflanzen, gibt es in Mecklenburg-Vorpommern Mindestgrößen. So gilt für den Hecht ein Mindestmaß von 50 Zentimetern und für den Zander von 45 Zentimeter. Schonzeiten und Mindestgrößen stehen noch einmal explizit auf den Angelscheinen.

Manche Fische dürfen nämlich sogar gar nicht geangelt werden. Zu den absolut geschützten Arten zählen Neunaugen, Finten, Maifische, Störe und Ziegen. Ja, auch unter den Fischen gibt es Ziegen. Die auch als Stichlinge bekannten Ziegen haben jedoch weder einen Bart noch meckern sie. Sie sind karpfenartige Süßwasserfische.

Befindet sich alles gesetzlich Vorgeschriebene in der Angeltasche und das Wissen um die Schonzeiten ist aufgefrischt, kann’s auch schon losgehen. Köder nicht vergessen. Sonst beißen sie nicht.

Spots gibt’s ins den Bernsteinbädern einige. Am Achterwasser sind es vor allem die Häfen von Ückeritz und Zempin, an denen manch Angler anzutreffen ist. Auch der Bootssteg beim Forsthaus Damerow wird von Sportfischern immer wieder gern genutzt. Die Ostseeküste zwischen Zempin und Ückeritz eignet sich wegen seines so genannten Leopardengrunds – das ist Meeresboden mit vielen Steinen und Seegrasfeldern – ideal fürs Brandungsangeln. Die Rute vom Strand aus ausgeworfen, beißen vor allem in den Abend- oder Morgenstunden Barsche und Plattfische wie Scholle und Flunder oder der heißbegehrte Steinbutt am besten. Auch von der Koserower Seebrücke aus darf geangelt werden. Nur die Fische auf der Brücke auszunehmen, ist nicht erlaubt.

Außergewöhnlicher ist das Spinnfischen. Bei dieser Art des Angelns ist der Angler auf die Meerforelle aus. Steilküstengewässer wie vor dem Streckelsberg von Koserow sind klassische Meerforellenstrände. Wenn dann noch ein bisschen Welle dabei ist, sieht man so manchen Spinnangler mit Wathose in der Brandung stehen. „Denn die Meerforelle liebt trübes, aufgewühltes Wasser. Trotzdem wird er nicht umsonst der Fisch der tausend Würfe genannt“, weiß Florian Kahnt. Als Angelguide fährt er mit seinem Boot häufiger zu Touren auf das Achterwasser und den Peenestrom rund um die Bernsteinbäder raus.

Florian Kahnt hat viele Geschichten zu erzählen. Denn ihm ist schon viel Außergewöhnliches beim Angeln passiert. So ist ihm sogar schon einmal ein Wildschweinfrischling vors Boot geschwommen, den er mit dem Käscher aufgenommen und in der Nähe seiner Rotte wieder abgesetzt hat. Auch Adler und Ringelnattern sind gern mal auf seinem Boot zu Besuch. Auf diese Weise werden Angeltouren mit ihm immer wieder zu einem Erlebnis, bei dem man mehr lernt, als nur das Zeug, das man braucht, um die großen Hechte an Land zu ziehen. Die sind dann allerdings tatsächlich des Öfteren 70 bis 80 Zentimeter lang.

Natürlich kann man sich bei Kikis Bootsverleih in Loddin – dem einzigen Bootsverleih in den Bernsteinbädern – auch selbst ein Boot ausleihen und auf eigene Faust auf dem Achterwasser auf den großen Fang gehen.

Angeln gilt als meditativ und entschleunigend. Wer sich also dem reinen Sportfischen ohne ablenkende Naturschönheiten hingeben und zum Beispiel auch einmal einen Stör an den Haken bekommen möchte, kann dies an den Ückeritzer Angelteichen tun. Seit 26 Jahren betreibt Fred Schultz die Forellenteiche schon. In den drei Teichen tummeln sich neben Regenbogenforellen aber auch Lachsforellen und Störe. „Und im Herbst und Frühling außerdem Saiblinge“, fügt Fred Schultz hinzu. Wer kein Angelzeug dabei hat, kann sich vor Ort das passende Equipment ausleihen. Doch auch bei ihm an den Angelteichen braucht man einen gültigen Angelschein.

Von allen Cracks der Angelszene rund um die Bernsteinbäder ist gleichermaßen zu hören: Jeder Tag ist ein Angeltag, aber nicht jeder Tag ist ein Fangtag. Auch schlechtes Wetter kann gutes Wetter sein – Hauptsache der Luftdruck ist konstant. Na dann, Petri Heil!

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