Lautlos gleitet das Board über das Wasser. Nur ab und an gluckst eine Welle unter dem Brett. Doch da die Ostsee an diesem Morgen selbst wie ein Brett daliegt, ist es so ruhig, dass man einen Stein hätte ins Wasser plumpsen hören können. Es ist traumhaft. Denn mit der Langsamkeit der Bewegung kehrt auch die Langsamkeit in die Seele zurück. Ein paar Meter vom Strand entfernt, ist die Welt plötzlich eine andere, eine viel entspanntere.
„Wenn das Wasser ruhig ist, macht es super viel Spaß“, schwärmt Stefanie. Sie lässt sich von ihrer Tochter über die flache Ostsee zwischen den Zempiner Buhnen schippern. Die beiden kommen aus Thüringen, sind jedes Jahr mindestens einmal an der Ostsee und zum ersten Mal in Zempin auf Usedom. Doch sie haben schon einen Lieblingsspot gefunden: Die Surfbox 2.0 direkt an der Zempiner Promenade. Das kleine, urig gemütliche Paradies, das man eher an einen tropischen Strand verorten würde als auf eine deutsche Insel, ist mit viel Liebe hergerichtet worden. Hier geht alles etwas entspannter zu, mit weniger Trubel. Die beiden Thüringerinnen lieben das Flair. Wer nicht nur gechillt ein kühles Getränk oder einen kleinen Snack genießen will, kann sich bei der Surfbox ein SUP oder auch ein Zweier-Kajak ausleihen.
Die Gedanken sind ausgeschaltet. Es ist, als schwebe man durch die Welt. Stand-up-Paddling ist ein Kinderspiel. Ein bisschen Gleichgewichtsgefühl, ein bisschen Koordinationsgeschick und schon kann’s los gehen. Die anfänglichen Wackler sind nach ein paar kräftigen Stößen mit dem Paddel schnell überwunden. Wer doch einmal im Wasser landet, braucht keine Angst zu haben. Die Ostsee ist in Zempin so flach, dass man selbst weiter hinten noch stehen kann.
Weit ins Wasser hinausgehen, können Wassersportler auch am Achterwasser. Denn bis zur Fahrrinne für die Schiffe hat das Wasser zwischen Insel und Festland nur eine geringe Tiefe. Ideal zum Surfen und Kiten. Vor allem die Surf- und Segelschule von Ückeritz, das Knatter, ist vielen ein Begriff. Der Spot am kleinen Ückeritzer Hafen lässt neben Sonnenuntergangsromantikern vor allem die Herzen von Kitern und Surfern höherschlagen. Die schilfumsäumte Bucht ist eines der größten Stehreviere der Insel. Pfeilschnell über die leichten Kräuselwellen hinwegschießen oder bei gutem Wind so manchen Sprung in die Luft wagen, am Knatter hängt an guten Tagen der Himmel buchstäblich voller Segel und Lenkdrachen.
Bei Lust und Laune kann man sich vom Neopren bis zum Board das passende Equipment zum Windsporteln ausleihen. Und wer’s bis dahin noch nicht beherrscht, lernt es im Knatter easy peasy. Die Wassersportschule bietet Segel- und Surfkurse an. Auch Stand-up-Paddling kann man hier lernen. Nach gemeinsamem Theoriebüffeln, geht’s zusammen raus aufs Achterwasser. Dann heißt es, Segel setzen, Trapez aus dem Wasser holen und immer schön die Nase in den Wind. Kaum zu glauben, dass dieser Spot 1990 einmal mit einer selbstzusammengezimmerten Bretterbude angefangen hat, die im Wind nur so schepperte und klapperte.
Wer gern ohne Segel, dafür aber mit eigener Muskelkraft übers Wasser gleiten möchte, für diejenigen bietet das Forsthaus Damerow bei Koserow mit seinem „Grenzenlos aktiv“-Programm die Möglichkeit, auf einer Kajaksafari die wundervolle Natur der Inselmitte vom Achterwasser aus kennenzulernen. Ob auf eigene Faust oder mit einem „Grenzenlos aktiv“-Guide geht’s im Einer- oder Zweierkajak vom eigenen Anleger auf das Achterwasser und den Peenestrom hinaus. Wer die Augen offen hält und vielleicht sogar einen Feldstecher dabeihat, kann schnell den einen oder anderen tierischen Inselbewohner entdecken. So versteckt sich im Schilf des Seglerhafens Lüttenort, an der schmalsten Stelle der Insel, eine Biberburg. Und linker Hand vom Damerower Bootsanleger wächst der Bittersüße Nachtschatten. Doch Vorsicht! Die kleinen, tomatenähnlichen Früchte sind giftig. So manche Witwe hat ihren verstorbenen Ehemann von den noch unreifen, bittersüßen Beeren naschen lassen.
Wer noch mehr von solchen Geschichten über Usedom und seine vielfältige Natur hören möchte, sollte sich der zwei- oder der vierstündigen Paddeltour mit Naturführer Sven Groth anschließen. Auf ihr erfährt man, warum es derzeit auf dem Achterwasser recht still ist, warum man Möwen nicht füttern sollte oder wie es früher hier zuging.