Und am liebsten geht er dabei durch die Wälder in und um die Bernsteinbäder auf Usedom. Startpunkt für seine Erlebnistouren ist zumeist das Loddiner Haus des Gastes. Schon hier erfährt man einiges über des Deutschen liebstes Herbstgericht und wie man es am besten sammelt. Nämlich ohne Messer, ist Rainer Warnick überzeugt. „Mit dem Messer schneidet man ein sehr wichtiges Merkmal ab: den Fuß des Pilzes“, sagt er. Denn für eine sichere Bestimmung sollten alle Teile des Pilzes genau unter die Lupe genommen werden. Daher sei es besser, den Pilz aus der Erde herauszudrehen und das Erdreich anschließend wieder zu verschließen.
Mit diesem ersten Tipp im Ohr geht’s auch schon los – vorbei an den weiten Wiesen zwischen Loddin und dem kleinen Ortsteil Stubbenfelde. Kaum ein paar Hundert Meter vom Haus des Gastes entfernt, werden die ersten Teilnehmer auch schon pilzfündig. Nach eingehender Bestimmung stellen sich die gesammelten Exemplare als Wiesenchampignons heraus.
Während man mit Rainer Warnick durch den raschelnden Herbstwald spaziert, lernt man eine ganz Menge über die Biologie des Pilzes. So werden Pilze als das Internet des Waldes bezeichnet. Denn über ihr weitverzweigtes, unterirdisches Myzel tauschen sie Botschaften aus. Kilometerweit kann sich solch ein Netz unter der Erde ausbreiten. Den größten Pilz jedoch, gibt es leider nicht auf Usedom zu finden. Es ist ein Hallimasch und sein Organismus erstreckt sich über eine Fläche von neun Quadratkilometern in Oregon/USA. Schätzungen zu Folge soll der Pilz um die 8500 Jahre alt sein und etwa 400 Tonnen wiegen, erzählt der Naturführer. Eine Pilzwanderung mit Rainer Warnick ist also nicht nur lehr-, sondern auch staunensreich.
Pilze gingen Symbiosen – so etwas wie eine Ehe – mit bestimmten Bäumen ein. In einer solchen Baum-Pilz-Ehe gibt der Pilz aus organischem Material gebildete Mineralien an seinen Gefährten weiter, während er vom Baum dafür mit Zucker belohnt wird. „Der Pilz ist ein guter Geschäftsmann“, sagt Warnick.
Grundsätzlich, so erklärt es der Naturführer, würde man zwischen Lamellen- und Röhrenpilzen sowie Stacheln unterscheiden. Auch wenn Omas Weisheit „Alle Schwämmchen seien essbar“ im Groben zutreffen würde, sei Vorsicht dennoch angeraten. Die Häufigkeit giftiger Pilzarten ist bei den Röhrlingen oder Schwammpilzen geringer als bei den Lamellenarten, doch gibt es auch hier einige Exemplare, die ungenießbar sind, eine schöne Pilzpfanne mit ihrem bitteren Geschmack ruinieren können oder in dem Moment sogar giftig werden können, wenn Alkohol ins Spiel kommt.
Also sollten auch die Pilze mit Schwamm immer genau bestimmt werden! Dazu eignet sich ein gutes Pilzbuch. Auch so manche App, wie die Pilze App mit vielen gezeichneten Bestimmungsmerkmalen oder die Picture Mushroom App, bei der man den Pilz vor der Bestimmung von drei Seiten fotografieren soll, können bei der Pilzerkennung hilfreich sein. Ebenso können eine Riechprobe und eine kleine Kostprobe nützliche Indizien liefern. „Denn erst, wenn alle Merkmale eindeutig erkannt und bestimmt wurden, kann man den Pilz bedenkenlos ins Körbchen legen. Ansonsten lieber die Finger davon lassen“, rät Warnick.
Apropos Körbchen. Pilze gehören beim Sammeln in einen offenen Korb. Luftdicht abgeschlossen in einer Tüte werden sie schnell matschig und ungenießbar.
Gerade der Herbst ist die Hochzeit der Pilze. Denn Pilze lieben mildes und feuchtes Wetter. Die beste Zeit zum Sammeln ist für den Naturführer der Morgen. Denn dann gibt es oft noch viele Pilze zu finden und das Naturerlebnis der aufgehenden Sonne und der Ruhe im Wald sorge für zusätzliche Freude. Allerdings sollte man den Sammelfund recht schnell zubereiten. Denn Pilze halten sich nicht lange.
Steinpilze, Pfifferlinge, Maronen, Herbsttrompeten, Wiesenchampignons, Hallimasch oder Parasol – die Bandbreite an Herbstpilzen in den Usedomer Wäldern ist vielfältig. Wichtig ist nur, sie bei der Zubereitung immer durchzugaren. Einige Pilze wie der Hallimasch müssen vor der eigentlichen Zubereitung sogar gekocht werden, um sie bekömmlich zu machen.
Doch auch, wenn es in den Wäldern rund um die Bernsteinbäder nur so wimmelt von köstlichen Pilzen, darf man sie nicht kiloweise sammeln und mit nach Hause nehmen. Da viele Arten wie Steinpilze oder Rotkappen geschützt sind, dürfen sie nur in geringen Mengen gesammelt werden. Die Faustregel lautet: Nur so viele Pilze mitnehmen, wie man selbst essen kann.
Übrigens ist Rainer Warnick nicht der einzige erfahrene Naturführer in den Bernsteinbädern. Auch Wilfried Dinse ist ein absoluter Pilzexperte und bietet wie Warnick Wanderungen durch die herbstlichen Küstenwälder rund um das Bernsteinbad Zempin an.