Das Deutsche Haus in Ückeritz. Wer in der Inselmitte gut und vor allem typisch pommersch Essen gehen möchte, kommt am Deutschen Haus in Ückeritz nicht vorbei. Hier wird nicht nur nach traditionellen Rezepten der „Mama Besch“ gekocht. Wer sich in die Hände von Norbert Besch und seiner Schwester Bettina Besch begibt, kann die Geschichte des Hauses hautnah miterleben. Bis vor kurzem gehörte auch die Schwester Gudrun Zumpe noch zum tatkräftigen Herz des Hauses. Doch sie ist mittlerweile in Rente gegangen.
Der Großvater der drei Geschwister, Paul Niemann, hatte den Gasthof 1942 übernommen, nachdem er sein Restaurant in Peenemünde wegen des Ausbaus der Heeresversuchsanstalt aufgeben musste. Früher eine Pferdewechselstation hatte man das Haus in eine Wirtschaft umgebaut und suchte nun einen neuen Pächter. Auf dem Hof gab es einfache Zimmer, die für 50 Pfennige an Sommergäste vermietet wurden. Luxus, wie ihn die mondänen Seebäder boten, gab es bei Paul Niemann jedoch nicht. Die Toilette war ein Plumpsklo auf dem Hof, vor dessen Inanspruchnahme man sich erst mit einem streitlustigen Hahn auseinandersetzen musste. Und das Wasser zum Kochen und Waschen musste eimerweise von der Pumpe geholt werden. Baden in der Wanne war daher nur einmal in der Woche angesagt. Die Niemanns selbst wohnten direkt über der Gastwirtschaft.
Auch während der DDR-Zeit war das Deutsche Haus eine beliebte Lokalität. Neben der Verpflegung für den Feriendienst gab es viele private Stammgäste vom Campingplatz, die für einen der begehrten Plätze auch mal mit der sogenannten Bückware – Produkte, die zu dieser Zeit nur unter der Hand erhältlich waren – bezahlten. Denn während der Sommerferienzeit standen die Gäste nicht selten sogar in Dreierreihen für das Abendessen an.
Vieles vom einstigen Inventar ist heute noch erhalten. „Da hat sich einiges angesammelt oder wurde uns von Gästen geschenkt“, erzählt Norbert Besch. So gibt es im Eingang eine Schauküche mit altem Kohleherd und im großen Saal eine antike Schulbank mit diversen Utensilien. Wie lange die dritte Generation die Gaststätte noch betreiben kann, ist ungewiss. „Aber mein elfjähriger Sohn will unbedingt Koch werden“, lacht Norbert Besch.
Waldschloss Parow in Koserow
Den schönsten Rundumblick über die Insel hat man in den Bernsteinbädern vom 30 Meter hohen Turm des Waldschlosses Parow in Koserow. Es gehört der Familie Parow, die es als Hotel betreibt. Ursprünglich jedoch wurde das Schloss mit der hohen Eingangshalle als Sanatorium erbaut. Der Großvater des heutigen Besitzers, der Berliner Arzt Heinrich Parow, wollte für seine Patienten einen Ort schaffen, an dem sie mit Naturheilverfahren und Wasserbehandlungen genesen können.
Die Wahl fiel auf Koserow, wo Parow 1905 auf einem zehn Hektar großen Grundstück das heutige Waldschloss im späten Jugendstil nebst eigenem Wasserwerk und großem Garten erbauen ließ. Der hölzerne Turm, der zu dem Ensemble gehört, war ein persönlicher Wunsch von ihm, da er immer auf die See hinausschauen wollte. Schon 1906 konnten die ersten Patienten mit der Kutsche aus Heringsdorf abgeholt werden. Die Koserower Bahnstation gibt es nämlich erst seit 1911.
Bis zur Wende war das Haus abwechselnd Sanatorium und Erholungsheim für asthmakranke Kinder. Nachdem die Töchter des Erbauers 1952 durch die Aktion Rose enteignet worden waren und ins Zuchthaus gesperrt wurden, führte der Feriendienst das Haus als Kindererholungsheim weiter. Die Töchter konnten zum Glück freigekauft werden und gingen nach Norwegen.
Erst nach langwierigen Verhandlungen wurde das Urteil der Enteignung 1994 aufgehoben und der Enkel des Erbauers, Arnulf Parow, übernahm das Waldschloss wieder in Familienbesitz. Nach und nach wurde und wird das altehrwürdige Haus nun saniert.
Arnulf Parow kann sich noch gut an seine Kindheit auf Usedom erinnern. Denn während des Zweiten Weltkrieges verbrachte er viel Zeit auf der Insel, ging in Koserow sogar zur Schule. Mittlerweile ist er 82 Jahre alt und sehnt sich nach einem Nachfolger, der das Waldschloss weiterführt – inklusive zugelaufenem Schlosskater.
Olle Dörpschool in Loddin
Wer es in Loddin früher zu etwas bringen wollte, musste bis 1930 in die Olle Dörpschool gehen. Anders als heute gab, es damals jedoch nur einen einzigen Klassenraum für alle Schüler der 1. bis 8. Klasse. Das konnten in Loddin auch mal 56 Schüler auf einmal sein.
Nach einer solch großen Schülerschar sieht das kleine, idyllische Rohrdachhaus in der Dorfmitte gar nicht aus. Der Plan des einstigen Radmachers im Ort war es sicher auch nicht, dass sein Haus einmal eine Schule würde. Doch mit der preußischen Schulreform 1717, die jeden zum Lehrer beförderte, der kein Säufer oder Raufbold war, hatte er keine andere Wahl, als sein Lehmfachwerkhaus zu einer Schule umzufunktionieren. Unten gab es einen großen Klassenraum für alle Schüler und unter dem Dach besaß der Lehrer ein kleines Kämmerlein, in dem er selbst wohnte.
Noch heute gibt es in dem alten Schulhaus Balken, die von Hand gesägt und behauen wurden. „Das lässt uns auf eine Errichtungszeit vor 1750 schließen. Denn danach gab es bereits dampfbetriebene Sägewerke“, erzählt der heutige Besitzer der Dörpschool, Jürgen Altmann. Zusammen mit seiner Frau Roswitha hat der Rentner das alte Gebäude in liebevoller Handarbeit restauriert. Denn die beiden wollten so viel wie möglich im Original erhalten. Insgesamt 15 Jahre hat die Sanierung gedauert. „Ein Riesenprojekt, von dem uns jeder abgeraten hatte“, lacht das Ehepaar heute.
Roswithas Opa, ein Loddiner Fischer, hatte die alte Schule gekauft, als 1930 etwas weiter oben im Ort eine Neue eröffnet worden war. Mit acht Kindern war der Opa eingezogen. Einer seiner Söhne, Roswithas Vater, wurde ebenfalls Fischer. Und so wuchs auch Roswitha in der alten Dorfschule auf. „Das ehemalige Klassenzimmer, in dem immer die Fischereiutensilien untergebracht waren, war mein Spielzimmer. Bis die Gemeinde mitten durch den Raum eine Mauer zog, um darin Versammlungen abzuhalten“, erzählt sie. Damals hatte sie sich gewünscht, die Mauer würde einstürzen, was sie auch prompt tat. Doch eine neue Mauer hielt ihrem Wunsch schließlich stand. Erst nach einer Wahl zog die Gemeinde aus dem alten Schulgebäude aus. Und auch Roswitha zog irgendwann nach Berlin.
Bis Roswitha und ihr Mann sich schließlich um das alte Haus kümmerten, hatte es zehn Jahre lang leer gestanden. Die Wände seien nass wie ein Schwamm gewesen. Überall habe es geschimmelt. Und ein Teil des Hauses sei sogar abgesackt. Aber mit viel Liebe und noch mehr Durchhaltewillen haben die beiden die Olle Dörpschool gerettet. Eines der Originalfenster hat Jürgen Altmann saniert und wieder eingesetzt. Es ist hinterlegt mit einem lebensgroßen Foto, das einen Blick in eine alte Dorfschule simuliert. Wer aufmerksam an dem Haus vorbeispaziert, kann es entdecken.
Der Inselhof Vineta in Zempin
An dieser malerischen, von Schilf gesäumten Zempiner Bucht mit Blick auf das in der Sonne glitzernde Achterwasser werden selbst die hartgesottensten Vernunftmenschen zu schwärmenden Romantikern. Da ist es kein Wunder, dass dieser Ort, der Inselhof Vineta, einer der beliebtesten Hochzeitsspots ist.
Um die Schönheit dieses Fleckchens wussten auch schon die diversen Besitzer vor der heutigen Vineta GmbH. Zunächst nur ein Bauerngehöft, gab es Anfang der 1930er Jahre hier auch eine „Gastwirtschaft zum Achterwasser“, die Einkehrende mit einfacher Hausmannskost versorgte. Als 1932 eine Berliner Werkgemeinschaft um die Künstlerin Gretel Lührsen auf den Hof aufmerksam wurde, war der Traum geboren, sich auf dem Anwesen durch Gartenbau, Landwirtschaft und Kunsthandwerk selbstverwirklichen zu können.
Die Gemeinschaft pachtete den Hof und nannte ihn Inselhof. Nach ersten Widrigkeiten ging das Konzept auf. Studenten aus Berlin verbrachten den Sommer in Zempin, arbeiteten in der Landwirtschaft, lernten Spinnen und Weben und erwarben kunstgewerbliche Fertigkeiten. Die Produkte wurden im Hofladen „Bunte Stube“ verkauft, während in der dazugehörigen Gastwirtschaft Kuchen ausgeschenkt wurde. Es gab einen Streichelzoo, Pensionszimmer und Tanzabende. Das Lokal florierte und galt bei den Angestellten der Peenemünder Heeresversuchsanstalt als angesagter Treffpunkt zum Feiern. Der Inselhof spielt sogar im 1959 veröffentlichten Roman „Insel ohne Leuchtfeuer“ der Schriftstellerin Ruth Kraft über die Zeit des Nationalsozialismus auf der Insel eine Rolle.
Wernher von Braun, der mit der Familie Lührsen befreundet war, war hier nicht nur häufiger Kaffeegast. Er lebte nach der Bombardierung von Peenemünde sogar eine Zeit lang auf dem Hof. Nach dem Zweiten Weltkrieg verließen die Lührsens die Insel, denn sie wurden von den russischen Besatzern enteignet. In den 1970er Jahren wurden die alten Gebäude für eine bessere Verpflegung der Feriengäste abgerissen. An ihrer Stelle errichtete man eine große Halle mit Küche, die die Konsumgenossenschaft betrieb.
Nach der Wende hatte es lange gedauert, bis die Eigentumsverhältnisse des Inselhofes geklärt waren. Nachdem die Inselhof GmbH 2010 in die Insolvenz ging, übernahm die Inselhof Vineta GmbH das Anwesen und baute es zu einem Urlaubs- und Wellnesshotel mit Restaurant und einer großzügigen Sonnenterrasse um, das sich über die Jahre zu eben jenem Traumhochzeitsspot auf Usedom mauserte, das es heute ist.
Zudem leben auf dem Inselhof auch wieder Tiere. Aber nicht irgendwelche. Die große Leidenschaft der Besitzerin Sabine Schlechter sind Mini-Schweine und amerikanische Minipegs. Zum Streicheln süß!